Von der Projektmanagerin zur interkulturellen Reiseleiterin

01.05.2020

Wer schreibt hier?

Elisa ist eine Reisende, nur leider wusste sie das lange Zeit nicht. Und so ist sie wie viele andere den „normalen“ Weg gegangen, hat BWL studiert und sowohl in großen Firmen, als auch in Start-Ups gearbeitet. Doch da war dieses Gefühl, diese Frage, die einfach nicht verschwinden wollte, egal für welchen Arbeitgeber sie vor dem PC saß: „Was mache ich hier eigentlich?“ Selbst, als sie von Koh Samui aus unter Palmen arbeiten konnte, blieb dieses Gefühl der Unzufriedenheit und Sinnlosigkeit. Es war (natürlich) eine Reise, die alles verändern sollte und Elisa an ihren Kindheitstraum erinnerte.

Wer Lust hat, sie virtuell auf ihren heutigen Reisen zu begleiten, findet sie auf Instagram. Und wer Lust hat, „for real“ dabei zu sein, kann ihr gerne über lizpetermann@yahoo.de schreiben.

Dies ist ihre Geschichte:

Out of Office - Here I come!

Berlin, April 2020

Ich sitze auf einer von der Sonne aufgewärmten Bank, die Spree glitzert vor mir, Menschen laufen (in Zweier-Grüppchen) an mir vorbei, die Sonne scheint mir ins Gesicht, eine leichte Brise weht mir um die Nase, während ich diese Zeilen schreibe. Jetzt denkt ihr, aha, jetzt hat sie es also geschafft, sie sitzt in der Sonne und lebt ihren Traum. Falsch. Mein Traum macht gerade eine Zwangspause. Aka Covid19 Pause. Eigentlich hätte ich jetzt auf Sardinien als Wanderguide Menschen einen unvergesslichen Sporturlaub bereiten sollen. Bis November hätte ich auf der Trauminsel am Meer gelebt. Danach hätte ich eine Tour in Südchile gehabt, anschließend in Äthiopien. Mein 2020 war ausgebucht. Das war mein Traum. Jetzt ist es halt wieder Berlin und die Spree… „Welcome back“ sagt die Stadt und grinst mir ins Gesicht. „Einmal Berlin, immer Berlin, wa? Wusste ich doch, dass du wiederkommst. Aber hey, ich nehm dich gerne wieder auf, du Träumerin.“

Aber ich glaube weiterhin an meinen Traum und bin mir sicher, ihn nach dem Corona-Wahnsinn weiterleben zu können. Bis dahin kann ich mir keinen besseren Ort als das fröhlich-freie bunte Berlin und meine neue spirituelle Hippie-Öko WG vorstellen. Aber von vorn.

Kindheitsträume

Korfu, Sommer 1998

Sie strahlt einfach nur. Ihre Augen, ihr Mund, all ihre Gesichtszüge strahlen Freude aus. Ihre Zähne blitzen in der Sonne, ihre Wangen sind rosig. Neben ihr steht Achilles. Stolz erzählt sie uns was es mit der Achillesferse eigentlich auf sich hat. Dann spricht sie auf einer Sprache die ich nicht verstehe mit dem Museumswärter. Er lächelt, sie lächelt und sie zwinkern sich zu.

Ab diesem Moment wusste ich, dass ich auch Reiseleiterin werden möchte, wenn ich groß bin. Damals war ich 8 Jahre alt.

Realität

Berlin, Mai 2018

Ich bin mittlerweile bald 30 und hab alles gemacht, außer Reiseleiterin zu werden. Stattdessen hab ich Internationale BWL studiert. „Ach, du musst doch was Ordentliches machen, wie willst du als Reiseleiterin das Leben bestreiten?! Außerdem ist das doch nur ein Hirngespinst, was wollte ich als Kind doch alles werden….alles Humbug“ tönte es von allen Seiten aus der Erwachsenenwelt und trampelte meinen Traum tot.

Ich hatte in den Jahren davor gefühlt tausend Sprachen gelernt. „What for?“ frage ich mich aus meinem Bürostuhl im Berliner StartUp Office, wo ich sinnlos in Exceltabellen starre. Die Kollegen sind cool, das Ambiente nett und dennoch erschließt sich mir der Sinn nicht. Ich fühle mich eingesperrt, fremdbestimmt, tappe im Dunkeln.

Ich hatte zuvor bei großen Firmen als Projektmanagerin gearbeitet, immer wieder neue Jobs angefangen, bin nach Chile ausgewandert und nach 3 Jahren wieder zurück nach Deutschland gekommen, weil man als Arbeitnehmer in Chile wirklich nichts zu lachen hat. Dann habe ich mich auf die Social Business Branche in Berlin gestürzt – in der Hoffnung dies würde meiner Tätigkeit einen Sinn verleihen. Ich hab 9 Monate lang gehartzt weil mich einfach kein Job begeistern konnte.

Sinnkrise

Berlin, Dezember 2018

Wo soll ich mit mir hin? Was soll aus mir werden? Was sind eigentlich meine Fähigkeiten? Was bereitet mir Freude? Wie will ich leben? Wie will ich arbeiten? Warum ist Arbeit immer so ätzend? Warum ist am Ende der Arbeit immer so wenig Tag übrig? Und am Ende des Geldes trotzdem immer so viel Monat? Warum sind alle immer so unglücklich? Warum gibt es Winter? Tausend Fragen, die von meiner Außenwelt oft mit „Naja, das Leben ist hart, aber mit 67 hast du es geschafft, dann bekommst du Rente und kannst dich entspannen“ beantwortet wurden.

Mit 67?!! Euer Ernst? Ich will es nicht mit 67 geschafft haben, ich will es jetzt schaffen! Denn mein Leben findet JETZT statt.

Ich will nicht 80% meiner Lebenszeit mit Dingen verbringen, auf die ich keine Lust habe. Ich will in diesem Hamsterrad nicht mitmachen. Geld scheffeln, Miete und andere sich anhäufenden Fixkosten zahlen, in Versicherungen und Rente einzahlen, ab und zu mal Urlaub machen, um dann irgendwann tot umzufallen. Vor allem jeden Morgen mit Null-Bock-Stimmung aufstehen um dann den ganzen Tag in einem Büro eingesperrt zu sein, geht gar nicht. Ich MUSS das anders machen.

Es folgten unzählige Krisen, Orientierungscoachings, Kurse, Workshops, Therapien, Input und Selbstoptimierung ohne Ende. Ich war sogar auf dem Jakobsweg. Aber es wollte einfach nicht besser werden. Die zündende Idee kam nicht. Dabei hatte ich viele Menschen als Vorbild. Da war meine Professorin Kathrin Köster, die einzige mir bekannte Professorin, die ihren Studenten beibringt, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen und Veränderung zu leben, anstatt sich dem System und bestehenden, überholten Ansichten und Vorgehensweisen hinzugeben.

Ihr Lieblingssatz und mein zukünftiges Lebensmotto war:
YOU ARE IN THE DRIVER SEAT.

(Sie hat übrigens ein paar coole Bücher geschrieben, z.B. United States of You*).

Da waren all die coolen Leute von der DNX Bewegung, die als digitale Nomaden erfolgreich sind. Auch das hab ich ausprobiert und bei meinem Arbeitgeber ausgehandelt, eine Zeit lang remote von Koh Samui aus zu arbeiten. Das war natürlich nett unter Palmen zu arbeiten, das hat die Arbeit an sich aber auch nicht besser gemacht!

Ob man jetzt in Thailand oder in Deutschland abgestumpft in
seinen PC hackt ist eigentlich auch schon egal – fand ich.

Es zeichnete sich immer mehr ab, dass ich nicht am PC arbeiten wollte. Ich war einfach nur froh, wenn ich in meine Email-Benachrichtigung fett „OUT OF OFFICE“ schreiben konnte.

Kickertisch, Obstschale, Teamfrühstück und mit was die Büros heutzutage nicht alles werben, ist zwar alles nett, interessiert mich aber nicht die Bohne. Es macht für mich einfach nicht all die verschwendete Lebenszeit im Büro wett. Ich wollte die direkten Ergebnisse meiner Arbeit in Form von Freude in den Gesichtern meiner Kunden sehen, anstatt abends den PC zuzuklappen mit dem Gefühl, nichts bewegt zu haben. Vor allem wollte ich reisen und interkulturell arbeiten. Ich wollte in die weite Welt hinaus. Wozu hatte ich auch all die Sprachen gelernt? Eigentlich wollte ich wie die Reiseleiterin damals in Griechenland sein. Aber das war ja nur ein Kindheitstraum. Oder?

Ehrlichkeit

Chile, Februar 2019

Endlich Urlaub! Ab nach Chile, alte Freunde besuchen, wandern, entdecken, Spanisch quatschen, den südamerikanischen Sommer genießen, Unmengen Früchte in mich reinschaufeln, wieder Lebensfreude schmecken. Und dann dieser Déjà-Vu Moment. Ich laufe mit dem Guide und einer netten Gruppe durch die atemberaubenden Landschaften des Parque Conguillio, sehe die Freude in den Gesichtern meiner Mitwanderer und die Leichtigkeit und Zufriedenheit im Gesicht unseres Guides Claudio.

Und wieder der Gedanke: „Ich will so arbeiten wie er!“ Und ab dem Moment kam der Stein ins Rollen, denn jetzt konnte ich es nicht mehr ignorieren. Ich will Reiseleiterin sein!

Ich will mein Leben in verschiedenen Ländern verbringen, verschiedene Sprachen sprechen, interkultureller Vermittler sein, ein Land meinen Kunden näherbringen, sie durch faszinierende Landschaften führen, unvergessliche Erlebnisse schaffen. Und dafür bezahlt werden: Jackpot! Raus aus der Tristesse, raus aus dem Hamsterrad, rein ins Abenteuer und immer unterwegs sein. Mit dem Rucksack von Land zu Land, von Auftrag zu Auftrag, YES!

Aufbruch

Berlin, März 2019

Und dann ging es auf einmal alles ganz schnell. Mein Entschluss stand fest. Ich würde alles aufgeben. Meinen Job, meine Wohnung, meinen Freund. Ich würde losziehen und ein grundlegend anderes Leben führen. Mein Freund ließ mich ziehen, weil er wusste, dass dies mein Glück ist, aber nicht seins. Ich bin ihm heute unglaublich dankbar dafür, dass er mich nicht abgehalten, sondern auch noch unterstützt hat. Was für ein wundervoller Mensch. Wir sind heute immer noch befreundet.

Um mir meinen Weg ins Reiseleiter-Leben zu ebnen, begann ich mit intensiver Recherche und Initiativ-Bewerbungen bei Auftraggebern. Ich lernte andere Reiseleiter kennen, führte Interviews mit ihnen, nahm sie als Vorbild. Es bestärkte meinen Traum, mit den Menschen zu sprechen, die bereits das Leben lebten, das auch ich leben wollte. Es hat mich unendlich motiviert.

Die Methode dazu habe ich mir von „Flipped Job Market“ abgeschaut:
Interessenfelder aufstellen – kleine Recherche anstellen –
Kurzinterviews mit Menschen führen, die in dem Bereich arbeiten – ausprobieren

Kurz und knackig, solange bis man gefunden hat, was einen begeistert.

Zudem war mir meine liebe Studienfreundin Melissa eine große Stütze, indem sie mit mir regelmäßig eine Mastermind Gruppe durchführte. (Hier erzählt Melissa, was die Quarterlife Crisis mit dem Saturn-Return zu tun hat.) Auch sie war auf dem Weg in ein freieres, selbstbestimmtes Leben und so feilten wir gemeinsam an unseren Plänen, inspirierten, motivierten uns und steckten uns Etappenziele. Die wichtigste Erkenntnis hierbei war: Man ist nie allein.

Es gibt immer Menschen mit ähnlichen Zielen, Menschen, die sich rauskämpfen, Menschen, die ihr Leben proaktiv verändern wollen und nicht warten wollen, bis das Schicksal ihnen etwas Besseres serviert. Mit diesen Menschen musst du dich verbinden!

Selbst im Büro fand ich 2 Mitstreiter, die raus wollten. Wir heckten gemeinsam Pläne, trafen uns heimlich im Meeting-Raum um unseren erfolgreichen „Exit“ zu planen und uns Zeitlimits zu setzen, damit keiner auf der Strecke bleibt. Es war unglaublich befeuernd und endlich gab es einen Grund ins Büro zu gehen. 😉 Wir haben alle 3 die Firma am selben Tag verlassen und spielen seitdem die „Geospiele“, wo jeder von uns reichlich Infos und Fotos von seinem aktuellen Aufenthaltsland schickt. Veränderung spielerisch angehen – hey, das macht richtig Spaß!

Wer mich nur so halb kennt, wird denken, ich sei unbeständig. Immer was Anderes machen, immer woanders leben, die Branchen ständig wechseln, selbst ständig wechselnde Prinzipien. Man hat mir schon vorgeworfen, ich wisse wie Julia Roberts in „Die Braut die sich nicht traut“ nicht, wie ich meine Eier am liebsten esse. Die Wahrheit ist, dass ich meine Eier einfach gerne immer anders esse. Nichts finde ich schlimmer als Eintönigkeit und einen geregelten Alltag, ein vorhersehbares Leben. Es gibt für all die „unbeständigen“ Seelen unter uns einen wunderschönen, inspirierenden Talk von Elizabeth Gilbert, den man unbedingt gesehen haben sollte und all den Menschen zeigen sollte, die uns einfach nicht verstehen wollen: The Curiosity-Driven Life

Ich hatte eine zermürbende Sinn-Suche und etliche Ratgeber hinter mir, die mir alle nichts gebracht haben, aber nach diesem Talk war ich sehr erleichtert.

Endlich hab ich mir erlaubt, “unstetig” zu sein, viele Dinge auszuprobieren und zu vertrauen, dass jeder Ort und jede Situation irgendwie für mich vorgesehen war.

Selbst wenn nicht alles zwingend dafür vorgesehen war, für immer zu bestehen, sondern dass es von dort aus woanders hingeht.

Manchmal triffst du auch Leute, die Dinge sagen, die erst im Nachhinein Sinn machen. Während meines Orientierungs-Coachings bei „ArbeitSINN erlebbar“ meinte mein Coach Jens Hoffmann: „Elisa, du bist eine Reisende, eine Lebenskünstlerin, du musst unterwegs sein. Geh los!“ Damals konnte ich damit nichts anfangen, jetzt im Nachhinein ist der Groschen gefallen. Wie Recht er doch hatte.

Das Wichtigste auf meinem Weg war zum einen, einfach den Arsch hochzukriegen, mutig zu sein, neugierig zu sein, viele Fragen zu stellen und auszuprobieren. Mein Aktionismus und Abenteuergeist haben mir schon sehr dabei geholfen. Tätig werden anstatt träumen als Devise. Zum anderen sind es aber vor allem auch all die motivierenden Menschen und ermutigenden Freunde, die unabdingbar sind. Die Menschen, die dir dabei helfen, dran zu bleiben. Die deine Veränderung mit dir feiern und dich bestärken. Sonst fühlst du dich in der Blase, in der es um fette Gehälter, Sparen, Status, Besitz, Rente und Krankenversicherung geht, schnell fehl am Platz. So schwer es ist, von einigen dieser Menschen musste ich mich abwenden, weil sie mich ausgebremst haben,von ihrer eigenen Angst gesteuert.

Das Schwierigste ist gar nicht die Veränderung selbst, sondern all den „gut gemeinten“ Ratschlägen von systemloyalen, verängstigten Menschen standzuhalten. All die Angstmacherei und teilweise sogar Kritik durchrauschen zu lassen.

Das kann schon mal zum Bruch mit manchen Menschen führen, aber das passiert auf dem Weg zur Veränderung. Dafür gewinnt man umso mehr neue Menschen für sich. Menschen, die besser zu einem passen, Menschen, die einen inspirieren und Mut machen. Ich bin zum Beispiel Verena, einer digitalen Nomadin, die auf Koh Phangan lebt und mal im Tourismus gearbeitet hat, unendlich dankbar dafür, dass sie sich von mir zum Thema Reiseleiterei hat interviewen lassen und mir Mut zugesprochen hat, einfach das auszuprobieren, auf was ich Lust habe, meinen Weg zu gehen, meinem Herzen zu folgen.

Für all die, die sich trotzdem mit ihren Ängsten auseinandersetzen wollen, kann ich nur empfehlen, eine Ängste-Liste zu schreiben. Was ist die Angst? Woher kommt sie? Wie wahrscheinlich ist es, das dies eintrifft? Was ist meine Notbremse? Meine Notbremse war es, meinen Anspruch auf ALG I für Notfälle „einfrieren“ zu lassen. Das reichte mir als Sicherheit.

Freiheit

Portugal, September 2019

Im September 2019 bin ich in mein neues Leben gestartet, habe alle meine Fixkosten auf ein Minimum gesenkt, weil das mehr Entscheidungs- und Handlungsfreiheit gibt und den Druck wegnimmt. Heißt keine Miete, kein Besitz, keine Versicherungen, lediglich eine Auslandskrankenversicherung und mein Spotify-Abo, denn gute Musik darf nirgendwo fehlen. Ich habe mein bisschen Hab und Gut, von dem ich mich erstmal nicht für immer trennen wollte, bei meinem Onkel auf dem Dachboden eingelagert und bin mit meinem minimalistisch gepackten Rucksack losgezogen. Nicht mal meinen Laptop hatte ich dabei. Ich hab nur noch ein iPad und ne Klapptastatur. Reicht locker für Recherchen, um Reiseberichte zu schreiben und mit Auftraggebern zu kommunizieren.

Am 2. September 2019 saß ich im Flugzeug auf dem Weg zu meiner ersten Station, eine kleine Workaway Reise, weil ich das schon immer mal machen wollte. Gegen Kost und Logis mitarbeiten und die Kultur sowie das Land dabei näher kennenlernen. Traumhaft. Ich wählte Portugal, weil ich mein Portugiesisch auffrischen und Surfen lernen wollte. Am Flughafen prangte groß die DIBA Werbung:

OUT OF OFFICE – HERE I COME.
Oh yeah, Baby, here I come.
Da fiel mir zum ersten Mal auf, dass ich jetzt wirklich frei war!

Ich musste die „Out of office“ Nachricht nie wieder deaktivieren! Ein unbeschreibliches Glücksgefühl durchflutete mich. Und dann ein kurzer Zweifel: „Was, wenn das alles eine ganz blöde Idee ist und nicht klappt? Wenn es so einfach wäre, würde es doch jeder machen, der Lust darauf hat!“ Ja, solche Gedanken hat man auch ab und zu. Man muss ihnen aber nicht allzu viel Bedeutung schenken 😉 Und es ist auch nicht einfach. Es kostet einiges an Mut, Überwindung und Risikobereitschaft. Deshalb macht es nicht jeder.

Im Flugzeug blätterte ich mein Tagebuch durch. Es war total spannend, meinen Prozess nochmal nachzuvollziehen, zu sehen, durch welche Etappen ich gegangen war. Wie es doch letztendlich dazu kam, dass ich jetzt in diesem Flugzeug auf dem Weg in mein nomadisches Reiseleben sitze und mir keine Grenzen mehr gesetzt sind. Sofort begann ich ein neues Kapitel. Ich habe es „Out of office“ genannt.

Portugal war großartig. Bio-farming, Surfhostel, neue Freundschaften, Traumleben.

Erfüllung

Äthiopien, Oktober 2019

Nach Portugal hatte ich meinen ersten Reiseleiterauftrag. In Äthiopien! Ich hatte keine Ahnung von dem Land, musste sogar auf der Landkarte nachschauen, wo das genau ist. Aber mein Auftraggeber brauchte dringend neue Reiseleiter dort und hat mich gefragt, ob ich Lust drauf hätte. Na klaro! Abenteuer pur, yeah! Ich wurde 3 Wochen lang von einer anderen Reiseleiterin vor Ort angelernt und habe direkt im Anschluss meine erste eigene Reisegruppe bekommen. Voll ins kalte Wasser geschmissen, aber es lief alles reibungslos! Wie vom Universum gewollt, es war magisch.

Magisch ist auch Äthiopien an sich. Äthiopien hat mich verändert.
Äthiopien hat mich gewählt, um mir die Augen zu öffnen.

Ich durfte unglaublich viel lernen, eine neue Sprache und Kultur kennenlernen, sowie wunderschöne zwischenmenschliche Begegnungen erleben, Freundschaften schließen, Afrika erleben. Äthiopien berührt die Seele. Ich bin viel gereist, aber das, was in Äthiopien passiert, ist anders als alles andere. In Äthiopien ist die Menschheit geboren (Lucy, der erste Mensch wurde hier vor 3 Millionen Jahren gefunden). Vielleicht hat man deshalb das Gefühl, man kehre zu seinem Ur-Ursprung zurück. Man fühlt eine tiefe Verbundenheit. Alles ist bewundernswert. Wie die Menschen leben und miteinander umgehen. Es gibt sogar in Südäthiopien noch Völker, die völlig unabhängig und unbeeindruckt des Einzugs der westlichen Welt im Busch leben. Was für unerwartete Landschaften das Horn von Afrika bereit hält! Saftig grünes Hochland, Berglandschaften, Seen die teilweise so groß sind wie Luxemburg, Wasserfälle, bizarre Salzwüstenlandschaften, die leuchtend rote Erde und atemberaubende Sonnenuntergänge. Bis auf die letzten beiden Dinge hätte ich nichts davon in Afrika vermutet. All dies durfte ich nur kennenlernen, weil ich mich getraut habe, Reiseleiterin zu werden. Privat stand Äthiopien nie auf meiner Reiseliste. Heute kann ich nicht genug davon bekommen.

Insgesamt ist dieser Job unglaublich erfüllend und bereichernd für mich. Ja, es gibt schwierige Gäste, aber selbst von denen kann man viel lernen und als Mensch wachsen. Am schönsten sind aber die bestehenden Verbindungen mit Gästen, die dir auch nach der Reise noch schreiben, bei denen du bleibende Erinnerungen hinterlassen hast. Das Lächeln und Staunen in den Gesichtern der Gäste ist Gold wert. Und sie sind so einfach glücklich zu machen. Biete ihnen on top etwas, das nicht im offiziellen Reiseverlauf steht und du wirst zur Lieblingsreiseleiterin. Erwartungen übertreffen = Kundenzufriedenheit, eine einfache Rechnung. Gut, dass ich BWL studiert habe. 😉

Meine alten Schulfreunde hab ich übrigens zu Weihnachten wieder getroffen und musste erschreckend feststellen, was aus den meisten geworden ist. Vom Papa die Firma oder Praxis übernommen, irgendwo verbeamtet, Haus, Kredite, Endstation. Und das noch vor 30. Kein Leuchten in den Gesichtern. Vielleicht mal ein müdes Lächeln. Stumpfe Augen. Ein allgemeines „sich mit dem Leben abfinden“ und „das ist halt meine Lebensaufgabe“ hallt durch den Raum. Ist euch schon mal aufgefallen, dass „Lebensaufgabe“ in solchen Fällen irgendwie nach „Leben aufgeben“ klingt?

Ich verurteile niemanden dafür, was er aus seinem Leben macht,
fand es aber erschreckend zu sehen, wie wenige sich jemals Gedanken machen, was sie wirklich wollen und sich so wenige auf den Weg machen, ihre Träume zu erfüllen.

Denn glücklich sahen die wenigsten bei diesem Treffen aus. Ich war ein richtiger Außenseiter und wurde misstrauisch beäugt und gleichzeitig bewundert. Neugier und Abenteuerlust flammten bei einigen auf – erloschen aber sofort, als ich erzählte, was ich dafür (gerne!) aufgegeben habe.

Es fehlt mir einfach an nichts. Alles stimmt. Alles, was in Deutschland wichtig ist, ist es als Reiseleiterin nicht und andersrum.

Wenn Arbeit sich nicht wie Arbeit anfühlt, du völlig darin aufgehst, du gerne aufstehst und abends glücklich ins Bett fällst, dann ist es das pure Glück, die absolute Zufriedenheit, mein wahr gewordener Traum.

Freunde und Bekannte mussten feststellen: Elisa, du strahlst richtig und wirkst rundum glücklich. Deine Augen leuchten. Was für eine positive Ausstrahlung! Was ist aus der betrübten, sinnsuchenden Elisa geworden? Tja, die hab ich zurückgelassen. Ich hoffe nur, dass ich sie jetzt hier in Berlin nicht wieder treffe und mein Traum vom Reiseleiterleben bald weitergehen kann. Bis dahin muss ich flexibel bleiben, die Notbremse aktivieren und das Beste aus der Situation machen, aber eins bleibt: OUT OF OFFICE 🙂

Meine 3 Tipps bei
einer Quarterlife Crisis:

  1. Selbst aktiv werden anstatt auf bessere Zeiten warten. (You are in the driver seat!)

  2. Mit Menschen verbinden, die schon dort sind, wo man hin will.

  3. Fokus setzen! Wer sich neben seinem Vollzeitjob ein neues Leben aufbauen will, der muss sinnvoll mit der Ressource Zeit umgehen und sich auf das fokussieren, was für die Verwirklichung der Veränderung wichtig ist. Am besten sind hierbei Zeitlimits und Etappenziele. Es ist eigentlich wie Projektmanagement – nur dass man am „Projekt Leben“ arbeitet.

Hat dir die Geschichte von Elisa gefallen? Konntest du etwas für dich selbst herausziehen und anwenden? Dann lass es gerne mich und die anderen wissen und kommentiere diesen Beitrag.

PS: Ich bin mir sicher: Auch du hast eine Geschichte, die es wert ist, geteilt zu werden. Melde dich gerne bei uns und wir besprechen alles weitere: Kontakt 

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