Vom Karrierejunkie zur Weltenbummlerin mit Festgehalt

10.04.2020

Wer schreibt hier?

Claudia hat eine Ausbildung, einen Bachelor- sowie Masterabschluss in BWL und die besten Voraussetzungen für eine erfolgreiche Konzernkarriere. Mit der Zeit merkt sie jedoch, dass Gesundheit, Glück und Wohlbefinden ein zu hoher Preis für den Erfolg sind.

Heute arbeitet sie ortsunabhängig und in Teilzeit nur wenige Stunden am Tag, dabei genießt sie das Leben an den schönsten Plätzen der Welt.

Und das ist ihre Geschichte:

Wenn man sich selbst nicht mehr versteht:
Willkommen in der Quarterlife Crisis

Da liegt sie jetzt, meine Kündigung. Bereits seit dem ersten Tag der Anstellung habe ich darauf hingearbeitet. Nicht, weil mein Job furchtbar ist, die Kollegen, Chef oder das Gehalt nicht stimmen. Im Gegenteil. Im letzten Jahr hatte ich den tollsten Chef, den man sich vorstellen kann, ein tolles Team, das immer für eine Aufmunterung gut war und ja, auch das Gehalt war für eine Berufseinsteigerin alles andere als von schlechten Eltern. Na gut, die Arbeit ist nicht die tollste. Und wenn ich mich so in meiner Wohnung umschaue oder vor die Tür gehe…ich habe schon in schöneren Umgebungen gelebt. Liegt aber vielleicht auch daran, dass ich mich hier nie eingelebt habe. Vielleicht sollte ich mir mehr Zeit geben? Die Pobacken zusammenkneifen, nicht darüber nachdenken und weitermachen? Schließlich ist mein Team echt toll. Mit meinem Chef habe ich den Jackpot geknackt. Monat für Monat habe ich ein sicheres Gehalt auf dem Konto. Und schließlich ist es der Anfang genau der Karriere, auf die ich die letzten 7 Jahre so zielstrebig hingearbeitet habe.

Warum zur Hölle liegt also diese Kündigung vor mir?

In etwa so drehen sich meine Gedanken bereits seit Monaten im Kreis. Auch wenn ich von Anfang an wusste, dass ich wieder kündigen würde, war es doch eher ein irgendwann. Die vage Vorstellung, ein anderes Leben führen zu wollen. Ein Leben, das den finanziell Freien oder den ortsunabhängigen Unternehmern vorbehalten ist.

Dass der Tag der Kündigung so schnell kommen würde, habe ich nicht gedacht. Und doch ist es eigentlich viel zu spät. Denn seit einigen Wochen ist es nicht mehr meine Entscheidung.

Mein Körper hat entschieden. Er hat entschieden, dass genug ist.

Genau genommen hat er das bereits vor einigen Monaten. Vor wenigen Wochen habe ich mich dann entschieden, darauf zu hören. Meinen Verstand eingeschaltet und beschlossen, dass Panikattacken nicht meinen Alltag bestimmen können. Und mich krankgemeldet. Am Ende ist es auch nur ein Job.

Seitdem frage ich mich, wie genau das passiert ist. Dass ich – unabhängig, organisiert und stets optimistisch – es nicht mehr schaffe, zur Arbeit zu gehen. Nicht mehr „funktioniere“.

Der ultimative Lebensplan – dachte ich zumindest

Eigentlich hatte ich einen Plan. Vor mehreren Jahren lautete er in etwa so:

  1. Studium abschließen
  2. Einen gut bezahlten Job in einer der renommiertesten Firmen meiner Branche finden
  3. Die Karriereleiter erklimmen
  4. Mir eine schöne Wohnung gestalten
  5. Meinen Partner in crime heiraten und glücklich bis ans Lebens Ende sein

Die letzten Jahre habe ich also diesen Plan verfolgt, meinen Master an einer renommierten Uni gemacht und weil Unternehmen Studenten mit Auslandserfahrung bevorzugen, war ein Auslandssemester gleich mit im Paket dabei. Studium abschließen – Check!

Einen gut bezahlten Job in einer der renommiertesten Firmen meiner Branche finden. Als Trainee im Bereich Marketing und Vertrieb in einem der größten Nahrungsmittelkonzerne auch hier ein eindeutiges: Check!

In den letzten Jahren habe ich jedoch eine Adjustierung an Punkt 3 vorgenommen. Auf dem Weg zum Studienabschluss habe ich mir immer wieder kleine Auszeiten ermöglicht. Auf dem Roller in Vietnam, in der Hängematte in Costa Rica oder im Zelt im Monument Valley. Das hat mich verdammt glücklich gemacht. Und ich wollte mehr davon. Aber das geht ja schlecht bei maximal 6 Wochen Urlaub im Jahr. Zumindest nicht ohne viel Geld, um den Job kündigen zu können. Und dafür muss man erstmal arbeiten. Die Karriereleiter erklimmen war also immer noch der Plan. Allerdings nur so weit, bis dabei genügend Geld abgefallen ist, um nicht bis zum Rentenalter auf ihr Klettern zu müssen. Bis 50 – vielleicht wenn alles sehr gut läuft auch nur bis 40 – war der neue Plan. Und dann Reisen, die Seele baumeln lassen.

Der neue Punkt 3 lautete also die Karriereleiter erklimmen und dabei so viel Geld wie möglich sparen, ohne an Lebensqualität einbüßen zu müssen. In Arbeit!

Punkte 4 und 5 waren ebenfalls in Arbeit, also war ich auf dem besten Weg, glücklich bis ans Lebensende sein zu können.

War das wirklich der Weg in eine glückliche Zukunft…in MEINE Zukunft?

Klingt doch eigentlich nach einem verdammt guten Plan. Zumindest aus der  Vogelperspektive.

Die Realität sah jedoch vielmehr so aus:

Der Wecker klingelt. „Och nö, noch 5 Minuten!“ dachte ich mir. Große Lüge. 30 bis 90 (mein Bett ist echt verdammt kuschelig) Minuten später quälte ich mich aus dem Bett, sprang unter die Dusche, zog mir etwas an und lief zum Auto. Stau. Kollege angerufen und im nächsten Moment hörte ich mir bereits die tägliche Leier aus „das Wochenende war viel zu kurz“, „ich will nicht mehr – wann ist Feierabend“ und „endlich Freitag“ an. Je nachdem was für diesen Tag gerade passend war. Unterbrochen von Gemeckere über Firmenpolitik, Probleme in der Lieferkette oder Stress mit dem Kunden. Spätestens ab diesem Zeitpunkt hatte ich auch keine Lust mehr. Nach dem Mittagessen machten sich Kopfschmerzen breit. Abends fiel ich nur noch ins Bett und ließ mich von Netflix berieseln bis ich einschlief. Freunde, Familie, Spaß haben? Am Wochenende dann, wenn man sich von der Woche erholt hat.

Meine persönlichen Highlights? Der monatliche Gehaltseingang und das Update meiner Vermögensbilanz.

Herzlichen Glückwunsch – nur noch 42 Jahre, 504 Monate, 2.184 Wochen oder 15.288 Tage wie dieser bis zum Renteneintritt. Je nachdem was weniger bedrohlich klingt. Holy s***!

Aber gut, ich hatte meinen Plan. Karriereleiter erklimmen, Geld beiseite legen und wenn es sehr gut läuft mit 40 aufhören zu arbeiten. Das sind dann also nur noch 5.460 Tage. 5.460 Tage vollgepackt mit Arbeit, Deadlines und Verpflichtungen in der Hoffnung, nach diesen 5.460 Tagen irgendwo am Strand zu sitzen. Und dann wirklich glücklich zu sein.

Das alles dachte ich mir bereits am ersten Tag, als ich durch die Türen meines Arbeitgebers gelaufen bin. Aber ob ich dann mit Eltern, Freunden oder Kollegen geredet habe – von allen Seiten hörte ich ähnliches. So ist halt das Leben. Müssen wir durch.

Aber ist das das Leben? Ständig erschöpft sein?

Jede Woche darauf zu hoffen, dass wieder fünf Tage des Lebens um sind?

Tag für Tag, Stunde für Stunde im Stau zu stehen, um sich acht bis zehn oder auch mal zwölf Stunden von jemand anderem sagen zu lassen, was man zu tun hat. Nur um einmal im Monat ein (hoffentlich) nettes Sümmchen auf dem Kontoauszug stehen zu haben, von dem man die Miete für die Wohnung zahlt, in der man nie ist und die Rate für das Auto, das man hat, um zur Arbeit zu fahren. Die Finanzierung für den Fernseher, um sich allabendlich auch in vernünftiger Qualität berieseln zu lassen. Und ein oder zwei Urlaube im Jahr um sich vom Alltag zu erholen und wieder Kraft zu sammeln für die viele Arbeit, die während der freien Zeit liegen geblieben ist.

Es ist der Standard. Der Plan der Gesellschaft, von dem mir 13 Jahre in der Schule eingetrichtert wurde, ihn zu wollen. Der, den meine Eltern, Freunde, Verwandte, Lehrer und wer noch so alles ein Interesse daran hat, dass ich ein „gutes Leben“ habe, für mich vorgesehen haben. Der Plan verkörpert Sicherheit, Beständigkeit, finanzielle Unabhängigkeit. Ok. Macht man halt so.

Aber jetzt hat mich genau das krank gemacht. Warum? Eigentlich ziemlich offensichtlich. Es ist nicht mein Plan. Nicht meine Vorstellung von Leben. Und jetzt?

Mich hat dieser Standard krank gemacht, da es nicht MEIN Plan,
nicht MEINE Vorstellung von einem guten Leben war.

Heute arbeite ich nicht mehr für meine Zukunft, sondern für mein Jetzt

Einige Monate vorgespult…

Gerade sitze ich einem CoWorking Space Barcelonas, während ich diese Zeilen tippe. Vor ein paar Tagen habe ich mich spontan dazu entschlossen, hier für eine Weile zu leben.

Kein Weckerklingeln am Morgen, eine gemütliche Runde im Park und nun habe ich mich mit einem Tee in der Lounge-Ecke ausgebreitet. Später werde ich auch noch ein bisschen arbeiten und vermutlich den Abend am Strand ausklingen lassen.

Ich kann wieder sagen: Mir geht es gut! Was ist anders? Alles – und doch irgendwie gar nicht so viel. Ich bin immer noch in fester Anstellung und bekomme ein monatliches Gehalt auf mein Konto. Der Unterschied ist jedoch, dass es meinem jetzigen Chef egal ist, wann und wo ich arbeite. Mein Arbeitsplatz ist dort, wo ich bin und beschließe, meinen Laptop auszupacken und zu arbeiten.

Ich arbeite nicht mehr für die nächste Beförderung, für den Urlaub, in dem ich endlich tun kann, was ich gerne mag oder die Rente in ein paar Jahrzehnten, in der „mein Leben erst so richtig anfängt“.

Denn das Leben ist genau jetzt!

Und wie schnell es mit meiner Gesundheit bergab gehen konnte, wenn ich nicht auf meinen Körper hörte, hatte ich dieses Jahr gelernt.

Noch vor wenigen Monaten, habe ich versucht, mein Privatleben, um einen Job herum zu basteln. Jetzt läuft es genau andersherum. Der Job muss sich mir und meinem Leben anpassen. Ich lebe jeden Tag genau so, wie es mich glücklich macht. Heute in Barcelona am Strand, nächste Woche vielleicht schon beim Skifahren in den Alpen oder einem Roadtrip durch die USA. Wofür die 24 Tage Urlaub in meinem Arbeitsvertrag stehen, weiß ich eigentlich gar nicht so genau. Ich brauche sie nicht mehr, denn eigentlich fühlt sich jeder Tag wie Urlaub an.

Meine 3 Tipps bei
einer Quarterlife Crisis:

  1. Es ist nur ein Job. Die Welt geht ohne dich nicht unter. Stell dich an erste Stelle und handle entsprechend!
  2. Beschäftige dich mit den Lebenswegen von Menschen jenseits der Norm. Mit jeder weiteren Inspiration wächst deine eigene Vorstellung davon, was möglich ist!
  3. Habe Vertrauen in dich und darauf, dass alles so kommt, wie es kommen soll!

Hat dir die Geschichte von Claudia gefallen? Konntest du etwas für dich selbst herausziehen und anwenden? Dann lass es gerne mich und die anderen wissen und kommentiere diesen Beitrag.

PS: Ich bin mir sicher: Auch du hast eine Geschichte, die es wert ist, geteilt zu werden. Melde dich gerne bei uns und wir besprechen alles weitere: Kontakt 

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